Medienregeln in der Familie

Laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage unter Eltern von 10- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen (DZSKJ/DAK/forsa, 2022), haben viele Eltern in Deutschland nicht festgelegt...

  1. wie lange (45 %)
  2. auf welche Art und Weise (40 %)
  3. und an welchem Ort (66 %)

ihre Kinder das Internet nutzen dürfen.

27 % der Eltern haben außerdem keine Regeln zur inhaltlichen Nutzung des Internets formuliert. 28 % der Eltern, die Regeln aufgestellt haben, setzen diese nicht konsequent um.

Je häufiger und intensiver junge Menschen Games, Social Media oder Streaming-Dienste nutzen, desto größer ist das Risiko, dass sie ein problematisches Konsummuster entwickeln. Nicht nur die Dauer und Intensität des Konsums, sondern auch bestimmte Inhalte und Mechanismen von GamesSocial Media und Streaming-Diensten fördern das Suchtrisiko. Für Eltern ist es deshalb sehr wichtig, klare Regeln festzulegen. Um Ihnen eine Orientierung zu geben, haben wir im Folgenden Empfehlungen und Tipps zur Aufstellung von Medienregeln aufgelistet.

Letztendlich entscheiden aber Sie, welche Regeln für Ihr Kind wichtig und sinnvoll sind. Sie kennen Ihr Kind am besten und Sie können somit auch am besten einschätzen, welche Regeln Ihr Kind braucht, um keinen problematischen Medienkonsum oder gar eine Mediensucht zu entwickeln. Generell ist es sinnvoll, sich mit anderen Eltern über Medienregeln auszutauschen oder sich mit diesen abzustimmen. Wenn Jugendliche dieselben Regeln wie ihre Freund:innen oder Klassenkamerad:innen haben, gibt es auch weniger Gründe darüber zu diskutieren oder zu verhandeln.

Medienzeiten: Wann ist viel zu viel?

Wie lange darf mein Kind am Computer/der Konsole/dem Smartphone sein? Da digitale Medien mittlerweile ein fester Bestandteil des Alltags geworden sind, kann es manchmal schwierig sein zu entscheiden, welche Bildschirmzeit in welchem Alter angemessen ist. Insgesamt ist mit dem Älterwerden der Übergang von einer direktiven und kontrollierten hin zu einer dialogischen Umsetzung von Medienregeln empfohlen: Während jüngere Kinder mehr Überwachung und Grenzen brauchen, sollte Jugendlichen mehr Verantwortung übertragen werden, ihre Medienzeiten selbst zu regulieren und mitzuentscheiden. Da digitale Medien oftmals zum Erledigen von Hausaufgaben benötigt werden, sollten Sie eine klare Trennung zwischen der Nutzung des Internets für schulische Zwecke und für den Freizeitgebrauch machen.

Eine Orientierung für altersangemessene Medienzeiten (zum Freizeitgebrauch) und -zugänge können die AWMF-Leitlinien zur Prävention von dysregulierten Bildschirmmediengebrauchs in Kindheit und Jugend geben. Die wichtigsten altersspezifischen Empfehlungen für Eltern haben wir hier für Sie zusammengefasst.

Eine Tabelle, die die wichtigsten der eben verlinkten Empfehlungen altersspezifisch zusammenfasst.

Tipps zur Umsetzung

Die Durchsetzung von Regeln zu Nutzungszeiten kann vor allem bei Jugendlichen manchmal gar nicht so einfach sein. Jugendliche testen ihre Grenzen aus, versuchen sich von ihren Eltern abzugrenzen und möchten eigene Entscheidungen treffen. Für Eltern ist es in dieser Zeit nicht einfach, die Balance zwischen Bindung und Loslassen, Kontrolle und Vertrauen und Grenzsetzung und Freiräumen zu finden. Hier haben wir ein paar Tipps, wie Sie Medienregeln konstruktiv aufstellen und umsetzen können:

  • Medienfreie Zeiten: anstatt das Smartphone/ Tablet und Co. ganz zu verbieten oder wegzunehmen, versuchen Sie feste medienfreie Zeiten zu vereinbaren. Medienkonsum sollte vor der Schule oder dem Kindergarten ebenso vermieden werden, wie in der letzten Stunde vor dem Schlafen gehen. Auch bei Mahlzeiten mit der Familie ist es für alle Beteiligten wesentlich entspannter, wenn keine digitalen Geräte am Tisch sind (das gilt natürlich auch für Sie).
  • Einsicht fördern: Durch das Führen einer Trackingtabelle oder Nutzung von technischen Möglichkeiten zum Tracken der Bildschirmzeiten können Betroffene einen guten Überblick über den tatsächlichen Medienkonsum bekommen. Häufig werden Nutzungszeiten nämlich unterschätzt und Kinder und Jugendliche sind sich dem tatsächlichen Ausmaß ihrer Mediennutzung gar nicht unbedingt bewusst. Die Trackingtabelle kann darüber hinaus wichtige Hinweise geben, in welchen Situationen Games, Streaming-Dienste oder Social Media für junge Menschen eine wichtige Rolle spielen und warum das so ist. Die Einsicht, dass der eigene Medienkonsum problematisch ist (oder sein könnte), bildet die Grundlage für eine intrinsisch motivierte und langfristige Verhaltensänderung. Hilfreich kann ebenfalls sein, zusammen die langfristigen Konsequenzen durchzuspielen, sollte das Verhalten beibehalten bleiben (ohne zu katastrophisieren).
  • Zeitplan aufstellen: Nach diesem Erkenntnisgewinn können Sie dann gemeinsam mit Ihrem Kind einen Zeitplan festlegen, zum Beispiel mithilfe eines Mediennutzungsvertrags, auf dem notiert wird, wann und wie lange Ihr Kind täglich zocken, streamen oder auf Social Media sein möchte. Dieser Plan sollte flexibel an individuelle Situationen angepasst werden können. Anstatt eine tägliche zeitliche Obergrenze zu definieren, können Sie beispielsweise eine wöchentliche Obergrenze aushandeln. Diese sollte auch an dem Alter und Entwicklungsstandes Ihres Kindes orientiert sein. Bei jüngeren Kindern kann es hilfreich sein, mit technischen Zeitbegrenzungen zu arbeiten, um ein Limit für die tägliche Bildschirmzeit festzulegen.
  • Gemeinsame Entscheidungen: Ältere Kinder und Jugendliche sollten in Entscheidungen eingebunden werden. Entscheiden Sie gemeinsam, wie Sie die Nutzungszeiten reduzieren können. Wenn Sie die Interessen und Ideen Ihres Kindes berücksichtigen und die Medienregeln an die Bedürfnisse Ihres Kindes anpassen, können Sie die Selbstbestimmung und intrinsische Motivation Ihres Kindes fördern.
  • Angehörige einbeziehen: Informieren Sie auch andere Bezugspersonen Ihres Kindes über die gemeinsam festgelegten Medienregeln. Nur so kann gewährleistet werden, dass diese konsequent eingehalten werden können.
  • Motivation stärken: Durch Lob und Anfeuern können Sie Ihr Kind motivieren, gesetzte Ziele zu erreichen. Vielleicht können Sie ja bestimmte Belohnungen vereinbaren, die es Ihrem Kind leichter machen, seine/ ihre Ziele zu verfolgen.
  • Alternativen anbieten: Oft haben Kinder und Jugendliche keinen genauen Vorstellungen davon, was sie anstatt des Medienkonsums tun können. Hier können Sie Ihr Kind dabei unterstützen, alternative Aktivitäten zu finden. Welche Aktivitäten machen Ihrem Kind neben dem Medienkonsum noch Spaß? Welche Aktivitäten haben Ihrem Kind früher Spaß gemacht? Welche Aktivitäten kommen Ihnen in den Kopf, die Sie zusammen mit Ihrem Kind medienfrei ausüben könnten? Lassen Sie sich dabei nicht zu schnell entmutigen, wenn Ihr Kind genervt reagiert. Drängen Sie es aber auch nicht zu sehr, da es wichtig ist, dass es an diesen anderen Tätigkeiten auch wirklich Spaß hat. Hilfreich kann sein, die Nutzungsmotive Ihres Kindes für digitale Medien zu erkunden – nutzt Ihr Kind digitale Medien als soziale Kontaktstelle, um sich abzulenken, um Fähigkeiten zu verbessern, oder mag es den Wettbewerb mit anderen? Basierend auf den Nutzungsmotiven Ihres Kindes können Sie dann alternative Aktivitäten vorschlagen, die diese Bedürfnisse auch außerhalb der digitalen Welt befriedigen. Hier haben wir Vorschläge für alternative Aktivitäten je nach Nutzungsmotiv aufgelistet.
  • Konsequenzen ziehen: Bei Nichteinhaltung von Regeln und Vereinbarungen sollten Sie Ihrem Kind zunächst die Chance geben, sich zum Regelverstoß zu äußern und gemeinsam mögliche Ursachen erkunden. Überlegen Sie sich im Vorfeld, wie Sie bei Nichteinhaltung der Vereinbarung reagieren werden. Verbote zur Nutzung von digitalen Medien könnten dabei kontraproduktiv sein – neue Erkenntnisse einer aktuellen Studie liegen nahe, dass eine impulsive und reaktive Beschränkung der Mediennutzung sogar ein Risikofaktor für problematische Nutzungsmuster sein können. Konsequenzen sollten für Ihr Kind nachvollziehbar sein. Hilfreich kann sein, schon im Vorfeld gemeinsam mit Ihrem Kind mögliche Konsequenzen zu besprechen. Auf der anderen Seite ist es wichtig, dass Sie mit Lob (durch Worte und Verhalten) eine Einhaltung der Regeln und Vereinbarungen belohnen.
  • Vorbild sein: Kinder und Jugendliche nehmen sich ein Beispiel an Erwachsenen und insbesondere an ihren Angehörigen. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran!

Die richtigen Inhalte

Als Eltern oder Angehörige sollten Sie einen Blick darauf haben, welche Inhalte Ihr minderjähriges Kind im Internet konsumiert. Um zu wissen, welche Apps und Plattformen und die dort gezeigten Inhalte für den Entwicklungsstand Ihres Kindes angemessen sind, ist es wichtig, dass Sie sich bewusst mit Altersempfehlungen einzelner Apps und Plattformen sowie ihren Funktionen, Vorteilen und Gefahren auseinandersetzen. Erkunden Sie dazu die Plattformen, Spiele und Apps selbst und führen Sie regelmäßig Gespräche mit Ihrem Kind, welche Erfahrungen es im Netz macht. Außerdem sollten Sie Internet-Zuganssicherungen, Jugendschutzfilter und Möglichkeiten der technischen Beschränkung kennen, die Kinder und Jugendliche vor altersunangemessenen Inhalten und übermäßigem Konsum schützen können.

Der richtige Platz

Vermutlich steht der PC, TV oder die Konsole im Zimmer Ihres Kindes. Das hat den Vorteil, dass es beim Medienkonsum nicht gestört wird. Das Problem ist nur, dass sich genau diese Abschottung negativ auf den Medienkonsum auswirken kann, weil es so viel leichter ist, das Gefühl dafür zu verlieren, wie viel Zeit man schon mit Streaming-Diensten, im Internet oder mit Gaming verbracht hat. Das lässt sich aber ganz leicht ändern. Wir haben ein paar Tipps für Sie, wo technische Geräte aufgestellt werden können:

  • Wenn möglich, sollten PC, TV und Konsole in einem Raum stehen, der auch von anderen Familienangehörigen genutzt wird (z.B. im Wohnzimmer).
  • Man kann auch das Tablet, Laptop oder Smartphone ganz bewusst in einem solchen Raum nutzen. Damit wird verhindert, in alte Gewohnheiten zurückzufallen.
  • Auch wenn junge Menschen schon allein leben, kann es sinnvoll sein, den PC oder die Konsole an einem Ort aufzustellen, an dem man sich nicht gerne lange aufhält, z.B. im Flur oder in der Küche.
  • Bei Nichtbenutzung digitaler Medien sollten diese an einem unzugänglichen und nicht sichtbaren Ort aufbewahrt werden - ganz nach dem Motto "Aus den Augen - aus dem Sinn"
  • Außerdem hilft es, stationäre Geräte wie TV oder Computer so zu platzieren, dass man sie vom Bett aus nicht bedienen kann. Auch mobile Geräte wie Laptop, Smartphone und Co. sollten nicht mehr im Bett genutzt werden.
  • Während des Schlafens sollten vor allem bei jüngeren Kindern am besten keine mobilen oder stationären Bildschirmmedien mehr im Zimmer sein.

Weitere Dos und Don’ts im Umgang mit Betroffenen haben wir hier für Sie zusammengestellt.