Längsschnittstudie zur Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland vor und während der COVID-19 Pandemie (2019-2022)
Seit 2019 führt das DZSKJ im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit durch ein Markt-und Meinungsforschungsinstitut (Forsa GmbH) jährlich eine repräsentative Befragung bei 10- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen sowie je ein Elternteil durch. Dazu entwickelt das DZSKJ jedes Jahr einen umfangreichen Fragenbogenkatalog, der verschiedene medienbezogene, soziodemografische und psychologisch/psychiatrische Variablen umfasst.
Ziel ist es, Nutzungszeiten von digitalen Spielen, sozialen Medien und Streaming-Diensten unter Kindern und Jugendlichen abzubilden sowie mögliche beeinflussende und assoziierte Faktoren zu identifizieren. Darüber hinaus soll die Prävalenz und Entwicklung riskanter und pathologischer Nutzungsmuster von digitalen Spielen, sozialen Medien und Streaming geschätzt werden. Als Basis gelten die ICD-11 Kriterien der Computerspielstörung.
Die erste online Befragung fand im September 2019 statt und bildet somit das Vorkrisenniveau ab. 2020 wurden zu zwei Messzeitpunkten im April und November Daten erhoben, um Veränderungen in der Nutzung digitaler Spiele und sozialer Medien in der Pandemie abzubilden. Im Mai 2021 fand die vierte und im Juni 2022 die fünfte Befragung statt. Für die Befragungen wurden jedes Jahr die Familien kontaktiert, die bereits an vorherigen Befragungen teilgenommen haben, aber auch neue Familien befragt, sodass die Stichprobengröße zu jedem Zeitpunkt rund 1200 Teilnehmende umfasste. Die Berechnungen der Nutzungszeiten und problematischen Nutzungsmuster basieren auf den jeweils repräsentativen Stichproben der 10- bis 17- Jährigen.
Nutzungszeiten
Die Ergebnisse zeigen insgesamt Rekordwerte in den Nutzungszeiten während des ersten Lockdowns im April 2020 – digitale Spiele wurden von regelmäßigen Nutzer:innen (mind. einmal wöchentlich) im Durchschnitt 2,3 Stunden täglich unter der Woche und 3,1 Stunden am Wochenende bzw. in den Ferien gespielt (vgl. Abbildung 1) während die Nutzungszeiten für soziale Medien bei 3,1 Stunden werktags und 3,9 Stunden am Wochenende/ in den Ferien lagen (vgl. Abbildung 2). Die häufigsten Nutzungsmotive zu der Zeit waren die Bekämpfung von Langeweile und die Aufrechterhaltung von Kontakten. Im weiteren Verlauf der Pandemie zeigte sich zunächst ein Rücklauf der Nutzungszeiten. Seit November 2020 stagnieren die Nutzungszeiten bei digitalen Spielen mit fast zwei Stunden werktags und drei Stunden am Wochenende auf einem ähnlich hohen Niveau, das weiterhin deutlich über dem Vorkrisenniveau liegt. Bei den sozialen Medien zeigte sich bei der letzten Erhebung im Juni 2022 wieder ein Anstieg der Nutzungszeiten verglichen zum Vorjahr. Die aktuellen Nutzungszeiten sozialer Medien liegen bei 2,7 Stunden werktags und bei 3,8 Stunden am Wochenende.

Abbildung 1: Entwicklungen der durchschnittlichen täglichen Nutzungszeiten [in Minuten] regelmäßiger (mind. einmal wöchentlich) Nutzer:innen von digitalen Spielen werktags (links) und am Wochenende (rechts) zwischen 2019 und 2022.

Abbildung 2: Entwicklungen der durchschnittlichen täglichen Nutzungszeiten [in Minuten] regelmäßiger (mind. einmal wöchentlich) Nutzer:innen von sozialen Medien werktags (links) und am Wochenende (rechts) zwischen 2019 und 2022.
Problematische Mediennutzung
Die Prävalenzen pathologischer Nutzungsmuster nach ICD-11 Kriterien zeigten im Verlauf der Pandemie einen deutlichen Anstieg. Zwischen 2019 und 2022 hat sich die Zahl betroffener Kinder und Jugendlicher bereits verdoppelt (Abbildung 3 und 4). Dabei waren rund zwei Drittel (68%) der problematischen Gamer:innen Jungen; keine geschlechtsspezifischen Unterschiede gab es bei der problematischen Nutzung sozialer Medien.

Abbildung 3: Problematische Nutzungsmuster von digitalen Spielen (erfasst durch den ICD-11 basierten Fragebogen GADIS-A) im September 2019, Mai 2021 und Juni 2022.

Abbildung 4: Problematische Nutzungsmuster von sozialen Medien (erfasst durch den ICD-11 basierten Fragebogen SOMEDIS-A im September 2019, Mai 2021 und Juni 2022.
Weitere Studienergebnisse und ausführliche Ergebnisberichte finden Sie hier zum Download:
Mediensucht 2022 - Gaming, Social Media und Streaming
Mediensucht 2021 - Gaming und Social Media in Zeiten von Corona
Mediensucht 2020 - Gaming und Social Media in Zeiten von Corona
Geld für Games – wenn Computerspiel zum Glücksspiel wird (2018)
Die Untersuchung wurde mit Mitteln der gesetzlichen Krankenkasse DAK-Gesundheit gefördert. Die Datenerhebung (Online-Befragung) erfolgte bundesweit durch ein Markt- und Meinungsforschungsinstitut. Die zentralen Fragestellungen dieser Studie lauteten wie folgt: Wie viel Geld geben Jugendliche in Deutschland für die Anschaffung von Computerspielen und deren Ausgestaltung aus? Welche Suchtgefährdung zeigen Jugendliche, die regelmäßig Computerspiele nutzen? Wie unterscheiden sich regelmäßige Nutzer mit unauffälligem Konsum von denen mit riskantem bzw. abhängigem Konsum? Eine Repräsentativstichprobe mit 1000 Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren wurde anhand computergestützter Telefoninterviews (CATIs) erhoben. Während der Computergestützten Telefoninterviews wurden die Kinder und Jugendlichen zu ihrem Computerspielverhalten befragt. 72,5% der Kinder und Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren spielten mindestens einmal wöchentlich Computerspiele. Zur Bestimmung riskanter und pathologischer Nutzungsmuster wurde die Internet Gaming Disorder Scale (IGDS) verwendet. 15,4% der regelmäßigen Gamer zeigten riskantes oder pathologisches Spielverhalten im Sinne einer Computerspielstörung (Abbildung 5). Sie berichten häufiger emotionale und Verhaltensprobleme als unauffällige Gamer (Abbildung 6). Mehr als die Hälfte (52%) der regelmäßigen Gamer (89% Jungen) gab im Zeitraum von sechs Monaten vor der Befragung Geld für die Anschaffung von Spielen oder für Extras aus. Im Mittel lagen die Ausgaben bei 110,65€ (Abbildung 7).

Abbildung 5. Nutzungsmuster von digitalen Spielen nach Internet Gaming Disorder Scale (IGDS). Basis: alle regelmäßigen Gamer:innen (mind. einmal wöchentlich).

Abbildung 6. Emotionale Probleme von Risiko-Gamer:innen (riskant oder pathologisch) und unaufälligen Gamer:innen im Vergleich.

Abbildung 7. Geldausgaben unter regelmäßigen (mind. einmal wöchentlich) Gamer:innen.
Ausführliche Ergebnisberichte zum Download:
WhatsApp, Instagram und Co. – so süchtig macht Social Media (2017)
Die Untersuchung wurde mit Mitteln der gesetzlichen Krankenkasse DAK-Gesundheit gefördert. Die Datenerhebung (Online-Befragung) erfolgte bundesweit durch ein Markt- und Meinungsforschungsinstitut. Untersucht wurden die Nutzungsintensität sowie die mit der Nutzung verbundenen Auswirkungen von sozialen Medien bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren. Diese Aspekte des Mediengebrauchs sind anhand dieser für Deutschland repräsentativen Stichprobe (N=1001) erstmalig erfragt worden. Zu sozialen Medien wurden Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Snapchat, soziale Netzwerkseiten wie Facebook oder Instagram sowie Foren und Blogs oder Web-Blogs gezählt. Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung besagt, dass die große Mehrheit (85%) der 12- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen soziale Medien jeden Tag aktiv nutzt. Die tägliche Nutzungsdauer beträgt über alle befragten Altersgruppen hinweg im Durchschnitt ca. drei Stunden (166 Minuten). Die meiste Zeit verbringen die Kinder und Jugendlichen mit der Nutzung von WhatsApp (66%), gefolgt von Instagram (14%) und Snapchat (9%). In der Studie erfüllen 2,6% der 12- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen die Kriterien einer Social Media Disorder (Abbildung 8). Laut dieser Befragung nutzt jeder Dritte (34%) die sozialen Medien, um nicht an unangenehme Dinge denken zu müssen. Die Anwendung findet zudem bei 14% der Kinder und Jugendlichen heimlich statt. In der Gesamtstichprobe zeigen 8,2% der Kinder und Jugendlichen zusätzlich eine depressive Symptomatik. In der Gruppe derjenigen, die die Kriterien für eine Social Media Disorder erfüllen, wurden von jedem Dritten depressive Symptome berichtet.

Abbildung 8. Nutzungsmuster von sozialen Medien nach Social Media Disorder Scale (SMDS). Basis: alle regelmäßigen Nutzer:innen von sozialen Medien (mind. einmal wöchentlich).
Ausführliche Ergebnisberichte zum Download:
Game Over – Wie abhängig machen Computerspiele? (2016)
Die Untersuchung wurde mit Mitteln der gesetzlichen Krankenkasse DAK-Gesundheit gefördert. Die Datenerhebung (Online-Befragung) erfolgte bundesweit durch ein Markt- und Meinungsforschungsinstitut. Die zentralen Fragestellungen bezogen sich auf die Häufigkeit der neuen DSM-5-Forschungsdiagnose „Internet Gaming Disorder“ (problematische Nutzung von Online- und Offline-Computerspielen) bei 12- bis 25-Jährigen in Deutschland und dem Zusammenhang zwischen diesen Verhaltensmustern und psychosozialen Aspekten. Eine für Deutschland repräsentative Stichprobe von insgesamt 1531 Personen zwischen 12 bis 25 Jahren wurde untersucht. Es ergab sich für die neue Diagnose einer Internet Gaming Disorder eine Prävalenz von 5.7% in der untersuchten Altersgruppe (Abbildung 9). Männliche Personen waren deutlich häufiger betroffener als weibliche. Es zeigten sich statistisch signifikante Assoziationen zwischen Internet Gaming Disorder und männlichem Geschlecht, niedrigerem Lebensalter und Vernachlässigung sozialer Kontakte wegen der Computerspielnutzung.

Abbildung 9. Nutzungsmuster von digitalen Spielen nach Internet Gaming Disorder Scale (IGDS). Basis: alle regelmäßigen Gamer:innen (mind. einmal wöchentlich).
Ausführliche Ergebnisberichte zum Download:
Problematische Internetnutzung im Jugendalter aus Sicht der Eltern (2015)
Die Studie wurde mit Mitteln der gesetzlichen Krankenkasse DAK-Gesundheit gefördert. Die Datenerhebung erfolgte bundesweit telefonisch durch ein Markt- und Meinungsforschungsinstitut. Die zentralen Fragestellungen bezogen sich darauf, wie hoch die Prävalenz eines problematischen Internetgebrauchs im Jugendalter nach Einschätzung der Eltern ist und welche familiären Aspekte aus Elternsicht damit assoziiert werden. Es wurde eine für Deutschland repräsentative Stichprobe von 1000 Eltern (die mit einem Kind oder Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren zusammenlebten) erhoben. Die Teilnehmer dieser Studie wurden in telefonischen Interviews befragt. Nach Einschätzung der Eltern zeigten 4.7% der 12- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen einen problematischen Internetkonsum (Abbildung 10).

Abbildung 10. Internetnutzungsmuster 12- bis 17-jähriger Kinder und Jugendlicher nach Elternsicht mittels Parental Young Diagnostic Questionnaire (PYDQ).
Ausführliche Ergebnisberichte zum Download:
Exzessive Internetnutzung in Familien (EXIF) (2012)
Die Untersuchung wurde in Kooperation mit dem Arbeitsbereich Medienpädagogik und Ästhetische Bildung der Fakultät für Erziehungswissenschaft (Universität Hamburg) durchgeführt und mit Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Die Datenerhebung erfolgte durch ein Marktforschungsinstitut bundesweit direkt in Familien. Die zentralen Fragestellungen bezogen sich auf die Häufigkeit einer problematischen Internetnutzung im Jugendalter und Zusammenhänge zu familialen Aspekten. Es wurde eine für Deutschland repräsentative (Quoten-)Stichprobe von 1744 Familien-Dyaden (jeweils ein Jugendlicher im Altersbereich von 14 bis 17 Jahren und ein dazugehöriges Elternteil) mit Face-to-Face-Interviews untersucht. Insgesamt 3.2% der Jugendlichen wiesen einen problematischen Internetgebrauch auf. Es zeigten sich außerdem Zusammenhänge zwischen einer generell schlechteren Funktionalität der Familie und einer höheren Ausprägung für eine problematische Internetnutzung. Familiäre Aspekte scheinen also eine wichtige Rolle für eine problematische Internetnutzung im Jugendalter zu spielen.
Ausführlicher Ergebnisbericht zum Download:
Beratungs- und Behandlungsangebote zum pathologischen Internetgebrauch in Deutschland (2009)
In der durch das BMG geförderten Studie wurde im Jahr 2009 eine Untersuchung durchgeführt, die erste Erkenntnisse zur Angebotsstruktur von Beratung und Behandlung der Mediensüchte in Einrichtungen der Krankenversorgung und Suchthilfe in Deutschland sowie deren Entwicklungsbedarf aufgezeigt hat (Petersen & Thomasius, 2010).
Ausführlicher Ergebnisbericht zum Download:
Weitere Studien und Publikationen
Weitere Publikationen und Verbandstätigkeit des Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) zum Thema Pathologischer Mediengebrauch finden Sie hier.