Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ)
Digitale Medien haben auch im Alltag erwachsener Menschen eine wichtige Rolle eingenommen. Viele Erwachsene sind selbst aktive Nutzer:innen sozialer Medien, verbringen den Abend gerne mit ihrer Lieblingsserie oder spielen Games. Dennoch hat eine Umfrage ergeben, dass ein Großteil der Erwachsenen nicht weiß, was (ihre) Kinder und Jugendliche am Smartphone, dem Computer und der Konsole machen. Das führt bei Eltern und Angehörigen häufig zu einer Unsicherheit im Umgang mit jungen Menschen, die das Smartphone und Co. sehr häufig nutzen.
Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich informieren und medienkompetent(er) werden. Medienkompetenz beschreibt die Fähigkeit, Medien den eigenen Zwecken entsprechend sinnvoll und verantwortungsbewusst zu nutzen. Eine Person, die medienkompetent ist, kennt also nicht nur die Vorteile digitaler Angebote und weiß diese effizient zu nutzen, sondern ist sich auch über mögliche Risiken und Konsequenzen ihres Mediengebrauchs im Klaren. Medienkompetenz bedeutet also auch, die Gefahren des Internets zu kennen und mit ihnen umgehen zu können.
Einen kompetenten Umgang mit Medien an den Tag zu legen, das ist in Zeiten ständig neu erscheinender digitaler Innovationen gar nicht so einfach. Für Eltern stellt diese Aufgabe neben dem stressigen Arbeits- und Familienalltag manchmal eine große Herausforderung dar. Die Funktionen digitaler Angebote nachvollziehen und hinterfragen zu können, ist für die Bewältigung verschiedenster alltäglicher Aufgaben in unserem digitalen Zeitalter jedoch sehr wichtig geworden. Deshalb hören Sie hin, bleiben Sie informiert, behalten Sie den Überblick und tauschen Sie sich mit dem Kind, sowie mit anderen Angehörigen über die Vor- und Nachteile von digitalen Medien aus. So können Sie in Zukunft bei den Themen mitreden und mehr über die Interessen des Kindes und die Nutzungsmotive des Medienkonsum erfahren. Die Medienkompetenz von Angehörigen ist ein wichtiger Faktor, der junge Menschen davor schützen kann, einen problematischen Medienkonsum zu entwickeln. Eltern tragen außerdem die Verantwortung, ihr Kind vor den Gefahren des Internets und den damit verbundenen negativen Konsequenzen zu schützen.
Welche Gefahren und Konsequenzen könnten das sein? Was können Sie tun, um diesen Gefahren entgegenzuwirken? Hier erhalten Sie einen ersten Überblick.
Gefahren digitaler Medien: Was kann ich als Elternteil tun?
Cybermobbing
Mit Cybermobbing ist das Verschicken von beleidigenden Textnachrichten, das Streuen von Gerüchten im Netz oder das Weiterleiten von vertraulichen Informationen und Bildern an Dritte gemeint. Cybermobbing kann rund um die Uhr stattfinden. Es ist schnelllebig und zieht oft weite Kreise. Durch die Anonymität des Internets trauen sich Täter:innen meistens mehr als auf dem Schulhof, weshalb Cybermobbing von Opfern als besonders heftig erlebt werden kann. Für Betroffene ist es wichtig Beweise zu sichern! Wenn jemand ungefragt Bilder verbreitet, ist das eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild. Wenn jemand im Internet niedergemacht wird, dann erfüllt das den Straftatbestand der Beleidigung. Wer (über das Internet) mobbt, muss also mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe rechnen.
Was Sie tun können
Reden Sie mit Ihrem Kind über Cybermobbing und dessen Konsequenzen für Täter:innen und Betroffene. Fragen Sie Ihr Kind, ob es Beispiele für Cybermobbing nennen kann. So erfahren Sie auch, welche persönlichen Berührungspunkte Ihr Kind bereits mit der Thematik hatte und, ob diesbezüglich weiterer Gesprächs- bzw. Unterstützungsbedarf besteht.
Holen Sie von Ihrem Kind das Versprechen ein, dass es kein Mobbing ausübt. Versichern Sie Ihrem Kind, dass es jederzeit nach Ihrem Rat und Ihrer Unterstützung fragen kann, wenn es selbst Täter:in oder Betroffene:r von Cybermobbing geworden ist oder Zeug:in von Mobbing in einem Spiel oder in einem sozialen Medium wurde.
Sich einer anderen Person zum Thema Mobbing zu öffnen, kann bei Jugendlichen mitunter mit großen Hemmungen verbunden sein. Mobber:innen machen sich häufig private Fotos, Fotomontagen, Dokumentationen über das schulische/persönliche Versagen oder persönliche Posts einer anderen Person für ihre Taten zunutze. Betroffene schämen sich oft so sehr für diese Inhalte, dass sie sich nicht trauen, ihre Eltern oder andere Vertrauenspersonen über die Ereignisse im Internet zu informieren. Machen Sie Ihrem Kind deutlich, dass Sie es nicht für solche Inhalte verurteilen werden.
Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es wichtig ist, Ihnen rechtzeitig Bescheid zu geben, wenn es doch einmal etwas zu privates oder peinliches im Netz preisgegeben hat.
Dokumentieren Sie die Angriffe im Netz. Diese Dokumentationen können dann als Beweismittel für ein Gespräch mit Lehrer:innen, der Schulleitung oder der Polizei genutzt werden.
Beleidigungen, Hass-Postings und unangemessene Fotos können bei Facebook, WhatsApp, Instagram, YouTube und Co. gemeldet oder über den Betreiber der Seite gelöscht werden. Außerdem ist es möglich, Kontakte zu blockieren. Erinnern Sie Ihr Kind jedoch daran, vorab einen Screenshot zu machen, da sonst wichtige Beweise verloren gehen.
Holen Sie sich zusätzliche Unterstützung aus Ihrem Umfeld oder schalten Sie eine Beratungsstelle ein. Möchte Ihr Kind sich lieber erstmal anonym informieren, dann kann es sich an die Nummer gegen Kummer (116111) oder das Beratungsteam von Jugendlichen auf www.juuuport.de wenden.
In-App-Käufe
In-App-Käufe gibt es in vielen sogenannten free-2-play Games, die man sich zunächst kostenlos im Appstore/Playstore herunterladen kann (z.B. Fortnite). Durch einen In-App-Kauf wird dem Nutzer ein Vorteil oder eine Erleichterung bei der Nutzung der Gaming-App verschafft. Der Kauf erfolgt meistens durch einen einzigen Klick (One-Click), welcher, je nach Kaufgegenstand und Game, ein paar Cents bis hundert Euro kosten kann. Kein Wunder, dass einige Kinder und Jugendliche sich (oder ihre Eltern) durch versehentliche In-App-Käufe verschuldet haben.
Was Sie tun können
In-App-Käufe können über die Tablet-/ Smartphone Einstellungen in wenigen Klicks deaktiviert werden. Eine Anleitung dazu sowie zu weiteren technischen Einschränkungsmöglichkeiten zum Schutz Ihres Kindes finden Sie hier.
Umgang mit sensiblen Daten
Würden Sie Ihren ganz privaten Steckbrief oder Ihre Strandfotos in der Pausenhalle oder der Kantine Ihres Arbeitsplatzes aushängen wollen? Tatsächlich geben viele Menschen in den sozialen Medien genau solche Inhalte preis und diese können theoretisch von jedem gesehen und gespeichert werden. Das Internet vergisst nie, auch wenn der Nutzer die Inhalte vermeintlich wieder löscht. Es ist wichtig, dass junge Menschen auf ihre Daten aufpassen und früh beginnen, sich damit auseinanderzusetzen, welche Folgen die Veröffentlichung bestimmter Inhalte mit sich ziehen kann (z.B. Cybermobbing, Verletzung des Urheberrechts, Probleme bei der Jobsuche).
Was Sie tun können
Setzen Sie sich mit Ihrem Kind zusammen und überlegen Sie gemeinsam, welche Fotos, Dokumente und Kommentare man im Internet problemlos veröffentlichen kann und bei welchen Inhalten lieber Vorsicht geboten sein sollte. Denken Sie dabei an das Beispiel mit der Pausenhalle. Welche Fotos, Dokumente und Kommentare Ihres Kinds könnten dort von jedem gesehen werden, ohne, dass dies negative Konsequenzen mit sich zieht?
Immer mehr Games sind so aufgebaut, dass man sie theoretisch endlos spielen könnte. Man kann virtuelle Welten frei erkunden, es gibt keine feste Reihenfolge an Leveln oder es besteht die Möglichkeit, immer weiter aufzusteigen oder gegen ständig neue Gegner anzutreten. Spielstände können teilweise nicht zwischengespeichert werden. Diese Umstände erhöhen den Druck, ständig im Spiel aktiv sein zu müssen, um nichts zu verpassen und abzusichern, dass ein erlangter Fortschritt nicht verloren geht. Die Gefahr, dass man von dem Spiel irgendwann nicht mehr loskommt, ist somit erhöht.
Was Sie tun können
Wenn Sie bemerken, dass es Ihrem Kind mit einem Spiel so geht, sollten Sie ihm/ihr eine längere Gaming-Auszeit empfehlen oder ihm/ihr raten auf Offline- (!) Arcade-, Rollen- oder Sportsimulationsspiele umzusteigen. Diese haben ein geringeres Suchtpotential. Außerdem hat sich das Führen eines Medientagebuchs als sehr hilfreich erwiesen, um die Kontrolle über sein persönliches Nutzungsverhalten zurückzugewinnen.
Zur Rückgewinnung der Selbstkontrolle ist außerdem die Nutzung unsere Trackingtabelle zu empfehlen.
Likes & Selbstwert
Über Likes und nette Kommentare im Netz freut sich jeder. Zudem können sie Social Media-Nutzern einen Hinweis darauf geben, welche Inhalte ihren Freund:innen und ihrem sozialen Umfeld gefallen. Wenn man viel in den sozialen Medien aktiv ist, kann es jedoch passieren, dass man beginnt sein Leben verstärkt aus der Perspektive anderer zu betrachten. Gefährlich wird es, wenn Nutzer ihren Selbstwert nur noch von der Anzahl ihrer Likes abhängig machen, und sie sich zunehmend damit beschäftigen, ihre Beiträge im Netz vorzubereiten.
Was Sie tun können
Es ist wichtig, dass Jugendliche in der realen Welt genügend Ausgleich angeboten bekommen, durch den sie Bestätigung erfahren können. Überlegen Sie zusammen mit Ihrem Kind, was das für ein Ausgleich sein könnte; z.B. Freund:innen zu treffen, Sport zu treiben oder ein Instrument zu lernen.
Wie kann man sich eigentlich echte Likes einholen? So ganz ohne Internet und Social Media? Vielleicht über unsere alternativen Aktivitäten!
Produktplazierungen
Viele YouTuber:innen und Influencer:innen lassen sich ihren Lebensunterhalt durch Produktplatzierungen finanzieren. Hierfür präsentieren sie ihren Zuschauern verschiedene Kaufartikel und bekunden, es handle sich dabei um unentbehrliche Produkte. Manche Jugendliche geben für diese Produkte ihr ganzes Taschengeld oder ihr Ausbildungsgehalt aus.
Was Sie tun können
Es ist wichtig, dass junge Menschen lernen, sich eine eigene Meinung zu bilden und Werbung kritisch zu hinterfragen. Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, indem Sie z.B. gemeinsam herausfinden, welche Erwartungen Ihr Kind an ein Produkt hat und Sie gemeinsam überlegen, ob sich ein Kauf lohnen würde.
Belohnungssysteme digitaler Medien
Für ein hohes Engagement im Spiel erhalten Spieler:innen Belohnungen, die ihnen ermöglichen, ihre virtuellen Identitäten weiter auszubauen und einen höheren Bekanntheitsgrad zu erlangen. Das unterliegende Belohnungssystem orientiert sich am Prinzip der intermittierenden (unerwarteten) Verstärkung. Das bedeutet: Die Spieler:innen wissen nur, dass, aber nicht wann, sie eine Belohnung für ihren Einsatz im Spiel erfahren. Um die erwartete Belohnung möglichst schnell zu erhalten, müssen sie die Art und Dauer ihrer Nutzung intensivieren.
Was Sie tun können
Dass es Ihrem Kind vielleicht schwerfällt, dem Belohnungssystem von Computerspielen und sozialen Medien zu widerstehen, ist aus den oben genannten Gründen sehr nachvollziehbar. Das bedeutet aber nicht, dass Ihr Kind sich nicht auch über Belohnungen im realen Leben freut. Überlegen Sie zusammen mit Ihrem Kind, welche Belohnungen es ansprechend findet (z.B. eine gemeinsame Unternehmung, Kleidung, ein neuer Fußball) und was er/sie tun muss, um diese Belohnung zu erhalten (z.B. Hausaufgaben direkt nach dem Mittagessen erledigen, regelmäßig aufräumen etc.). Das kann verschiedene Vorteile mit sich bringen. Zunächst verleihen Sie Ihrem Kind durch die Einführung des Belohnungssystems mehr Struktur im Alltag und die Möglichkeit, sich selbst zu organisieren. Des Weiteren können Sie durch gemeinsame Aktivitäten mehr Zeit mit Ihrem Kind verbringen und den Umfang seiner täglichen Aktivitäten am Smartphone, dem Tablet oder dem Computer reduzieren.
Loot-Boxen
Eine besondere Form der Belohnung stellt der Einsatz sogenannter Loot-Boxen (z. Dt. Beute-Kisten oder Überraschungskisten) dar. Diese enthalten eine Zufallskombination aus nützlichen und/oder nutzlosen Spielgegenständen und werden als Auszeichnung für erfolgreiches oder langes Spielen angeboten. Die Überraschungskisten können aber auch direkt käuflich erworben werden. Somit stellen Loot-Boxen eine Kombination aus spielerischem/finanziellem Aufwand und Gewinn nach Zufallsprinzip dar. Nutzer:innen werden hierdurch an die suchtgefährdenden Mechanismen des klassischen Glücksspiels herangeführt. In Belgien und den Niederlanden sind Loot-Boxen bereits verboten.
Was Sie tun können
Klären Sie Ihr Kind über die Funktion von Loot-Boxen auf. Es ist wichtig, dass Ihr Kind versteht, mit welchen Tricks Spieleentwickler arbeiten. Haben Jugendliche erst mal diese Tricks durchschaut, fällt es ihnen oft leichter von einem Spiel Abstand zu gewinnen. Außerdem veröffentlicht das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend regelmäßig eine Broschüre, in der Sie sich über die pädagogische Einschätzung digitaler Spiele informieren können und vor möglichen Gefahren, wie auch Loot-Boxen, gewarnt werden.
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