Sucht - was bedeutet das eigentlich?
Wenn man sich unsere Fallbeispiele durchliest, bemerkt man schnell, dass sich die Geschichten der Betroffenen in manchen Punkten ganz schön ähneln. Das ist so, weil Menschen, die nach etwas süchtig sind, oft ähnliche Symptome und Verhaltensweisen aufzeigen. Deshalb haben Psycholog:innen und Ärzt:innen konkrete Kriterien formuliert mit denen festgestellt werden kann, ob eine Suchterkrankung vorliegt. Diese Kriterien sind für die Diagnosestellung und Behandlung von Betroffenen sehr hilfreich, weil sie eine gemeinsame Sprache zwischen Ärzt:innen, Therapeut:innen, Pfleger:innen und Angehörigen ermöglichen.
Offiziell beziehen sich diese Kriterien noch ausschließlich auf die Nutzung von (Online- und Offline-) Games. Seit dem Aufkommen beliebter Social Media-Angebote wie Facebook, WhatsApp und YouTube und der immer weiteren Verbreitung von Streaming-Diensten, wie Netflix, Amazon Prime und Sky, ist deutlich geworden, dass die Kriterien der Gaming-Sucht jedoch auch auf die exzessive Nutzung sozialer Medien und Streaming-Dienste übertragbar sind. Deshalb werden zu dem Überbegriff „Mediensucht“ nicht nur die Gaming-, sondern auch die Social Media- und Streaming-Abhängigkeit gezählt. Tatsächlich sind die Kriterien zur Beschreibung einer Gaming- ,Social Media- und Streaming-Sucht beinahe identisch mit den Kriterien anderer Suchterkrankungen, wie z.B. der Alkohol- oder Drogensucht.
Die Gaming-, Social Media- und Streaming-Sucht werden als verwandte, aber unterschiedliche Störungsbilder betrachtet. Denn wer süchtig nach digitalen Spielen ist, ist nicht automatisch auch süchtig nach sozialen Medien oder Streaming-Platformen und andersherum. Natürlich kann man aber auch eine Sucht in mehreren Mediengruppen aufweisen.
Es gibt zwei Manuale, die gültige Kriterien zur Beschreibung einer Mediensucht herausgegeben haben. Hierzu gehören,
- die fünfte Version des Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM-5) der American Psychiatric Association (APA), sowie
- die elfte Version der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-11) der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
In Deutschland erfolgt die Diagnosestellung angelehnt an die ICD-11. Wenn wir ier von einer problematischen Nutzung digitaler Medien verstehen darunter aber zum einen riskantes Nutzungsverhalten sowie zum anderen Nutzungsverhalten mit Krankheitswert.
Wie viele junge Menschen sind betroffen?
In einer längsschnittlichen Eltern-Kind Befragung des DZSKJ erfüllten im Jahr 2019 jeweils 3% der regelmäßigen jugendlichen Gamer und Social-Media Nutzer die ICD-11 basierten Kriterien für pathologisches Nutzungsverhalten. Bei weiteren 8 – 10% der regelmäßigen Social-Media oder Game- Konsumenten ist die Nutzung riskant mit höheren Chancen für negative Folgen.